Hildegard von Bingen: O frondens virga

Der historische Kontext

O frondens virga ist eine Psalm-Antifon, die von einem Chor gesungen ist. Der Begriff der Antifon wird von der Duden als einen liturgischen Wechselgesang bestimmt. Der Wechselgesang wird vor und nach einem Psalmvers traditionell gesungen. Diese Gesänge werden oft durch die Viola da Gamba und mittelalterlichen Harfen begleitet und werden als hypnotisch und ätherisch betrachtet. 

Nur dieses Musikwerk und ihr anderes Musikwerk Laus Trinitati sind in dem Dendermonde-Manuskript. Diese zwei Musikwerke werden aus ihrem Riesenkodex – eine erweiterte Sammlung von Musikstücken – weggelassen, entweder aufgrund des menschlichen Versagens oder der Verachtung Bingens dieser Musikwerke. 

 

Der Text

Der Text für O frondens virga geht um irdische Fruchtbarkeit und Weiblichkeit. Mary ist wie  O frondens virga beschreiben, die man als grünender Zweig übersetzen kann. Während des Stücks steht Mary stolz in deinem Adel.

Die deutsche Übersetzung

 

O frondens virga / Grünender Zweig,

in tua nobilitate stans / du stehst in deinem Adel,

sicut aurora procedit: / so, wie der Morgen anbricht:

nunc gaude et letare / nun freue dich und frohlocke,

et nos debiles dignare / und geruhen, uns zu befreien, gebrechlich und geschwächt,

a mala consuetudine liberare / von den schlechten Gewohnheiten unserer Zeit;

atque manum tuam porrige / strecke deine Hand aus,

ad erigendum nos. / um uns aufzurichten.

 

Die Musik

O frondens virga wird in dem Modus von D gesungen. Das langsame Tempo führt zu einem mysteriösen Zauber. Der Ton D wird verwendet, um fast alle Phrase zu umreißen. Die Folge davon ist, dass es eine klare musikalische Struktur für die Musiker gibt. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der Ton A, der eine enge Beziehung mit dem Ton D hat, auch verwendet wird, um neue Phrasen anzufangen. Die Verwendung von diesen Tönen und modischer Harmonik gibt die Musik die Möglichkeit zum Atmen. 

Bingen betont bestimmte Wörter, um die Haupteigenschaften und Handlungen von Mary zu repräsentieren. Beispielsweise betonte Bingen die folgenden Wörter –  ‘nobilitate’ (‘Adel’), ‘letare’ (‘frohlocke’) und ‘manum’ (‘strecke’) – durch die Verwendung von der höheren Tonlage. 

Das intelligente Polyfon-Komponieren von den feinen Gesangsstimmen und ihr atmosphärische instrumentale Komponieren schaffen die zauberische Atmosphäre von O frondens virga.

 

Der Schlussgedanke

O frondens virga, die irgendwann in dem 12. Jahrhundert komponiert wird, ist ein interessantes Chorwerk und schiebt die wichtigen Beziehungen zwischen Musik und Wörter nach vorne. Das natürliche Talent von Bingen für das Chor-Komponieren durchscheint und die Wörter sind der zentrale Fokus in diesem langsamen Stück. 

 

Viel Spaß beim Lesen!

Die Bildquelle

 

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*This blog is part of the ‘German-Speaking Musical Greats Project’ 2019-20

 

 

Die empfohlene Aufnahme:

 

 


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